Die Wettbewerbsausschreibung der Stadt Schwetzingen wurde in der Zeitschrift „ATELIER“ Nr. 2/10 im April 2010 auf der Seite 7 veröffentlicht.


Die Wettbewerbsausschreibung enthält eine Definition des Opferbegriffs, eine Angabe der Zahl der namentlich bekannten Opfer sowie die Feststellung: „Die Geschichte der Nazi-Zeit in Schwetzingen ist dank der Arbeit des Schwetzinger Geschichtsvereins und durch Recherchen in diversen Archiven  mittlerweile weitgehend erforscht.“

Nach Abschluss des Wettbewerbs, als es um die Realisierung der Gedenkstätte ging, mußte ich leider feststellen, dass es bereits in der Ausschreibung einige Angaben und Behauptungen gegeben hatte, die nicht den Tatsachen entsprochen haben.

Diese falschen Angaben und Behauptungen in der Ausschreibung fühten dann später zum Scheitern des im Wettbewerb 2011 ausgewählten Projektes und statt dessen an selben Stelle in Schwetzingen zur Entstehung eines "Mahnmals wider das Erinnern", der eine Missachtung der mehr als 1800 namentlich bekannten Nazi-Opfer aus Schwetzingen repräsentiert und zur Geschichtsklitterung vor Ort beiträgt.

Im Dossier "Schwetzinger Mahnmal wider das Erinnern" weden wesentliche Aspekte im Hintergrund dieses Projetes beleuchtet und erläutert.

 

Text der Wettbewerbsausschreibung vom April 2010:

Mahnmal in Schwetzingen - Ausschreibung:

Die Stadt Schwetzingen plant im Rahmen der Umgestaltung öffentlicher Plätze die Errichtung eines neuen Mahnmals zum Gedenken an die Opfer des Nazi-Regimes. Bislang erinnern ein Mahnmal der VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) auf dem Friedhof an die Opfer des Nationalsozialismus sowie eine Gedenkstätte in der Zeyherstraße an die Deportation einzelner jüdischer Mitbürger nach Gurs im Jahr 1940.

Die Stadt Schwetzingen will nun allen Opfern des nationalsozialistischen Terrors gedenken, vor allem den 89 vertriebenen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, von denen 20 ermordet wurden. Ebenso ermordet wurden die politischen Gegner der Nazis, Widerstandskämpfer, vereinzelt auch Homosexuelle und Opfer von Denunziationen.  Zahllose ausländische Zivilarbeiter und Kriegsgefangene aus Frankreich, Italien, Niederlanden, Polen, Russland und der Ukraine wurden in Schwetzingen als Zwangsarbeiter missbraucht

Die Geschichte der Nazi-Zeit in Schwetzingen ist dank der Arbeit des Schwetzinger Geschichtsvereins * und durch Recherchen in diversen Archiven mittlerweile weitgehend erforscht. Mindestens 350 Opfern sind bisher namentlich bekannt. Dieses Wissen soll nun in einem Mahnmal an zentraler Stelle im Stadtgebiet neben dem Rathaus visualisiert und künstlerisch umgesetzt werden, wobei die Namen der Opfer genannt werden sollen/können.

Gesucht werden Entwürfe zu Skulpturen, Plastiken oder Installationen, die das Thema und seine Problematik ästhetisch eindrucksvoll umsetzen können. Alle Materialien wie auch moderne Medien sind möglich, nur sollten dabei Aspekte wie dauerhafte Stabilität, Stand- und Wetterfestigkeit, Verkehrssicherheit und leider auch Vandalismus berücksichtigt werden. Für die Umsetzung des Mahnmals sind 25.000 € incl. Material, Transport, Aufbau und Honorar budgetiert. Das Projekt wird vom Kulturamt der Stadt betreut und vom künstlerischen Leiter des Kunstvereins Schwetzingen kuratiert, der eine Vorauswahl der Bewerbungen trifft, über die dann der Gemeinderat letztlich entscheiden wird.

Bewerbungen mit Entwürfen (bitte keine Modelle), Kostenplanung und kurzer Vita bitte bis zum 28.2.2010 an den Kunstverein Schwetzingen, Dr. Dietmar Schuth, Stichwort Mahnmal, Postfach 1555, 68705 Schwetzingen oder an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Kommentare und Erläuterungen

 

* "Geschichtsverein"

Der „Schwetzinger Geschichtsverein“, von dem man aus der Ausschreibung verstehen könnte und annehmen würde, dass dessen Arbeit, Erfahrung und Fachwissen in die Ausschreibung eingeflossen sein sollte, ist nicht bekannt.

Es gibt jedoch den Arbeitskreis Freundliches Schwetzingen - Verein für regionale Zeitgeschichte e.V. (AFS). Dieser hatte zusammen mit den Gewerkschaften ver.di Rhein-Neckar und GEW Rhein-Neckar bereits im Jahr 2005 bei einer Veranstaltung zur Erinnerung an die örtlichen NS-Opfer eine Resolution verabschiedet, in der die Errichtung eines Denkmals für diese Opfer und die NS-Verfolgten in Schwetzingen angeregt wurde. Mitglieder dieses Arbeitskreises, Frank-Uwe Betz und Anton Kobel, haben sich in verschiedenen Publikationen zum Thema Schwetzingen in der Zeit von 1933 bis 1945 wiederholt wissenschaftlich geäußert.

Die Schwetzinger Stadtverwaltung übernahm zwar vom AFS die Idee der Errichtung eines Gedenkortes, hat jedoch nach Auskunft des AFS seit 2009 die Zusammen-arbeit in der Sache mit dem Arbeitskreis eingestellt; die Mitglieder des AFS wurden dabei von Seiten der Stadtverwaltung weder in die Vorbereitung des Kunstwettbewerbes noch in die Entscheidung im Januar 2011 oder danach eingebunden.

Stattdessen gab der Schwetzinger Oberbürgermeister Dr. Pöltl das Projekt als sein eigenes aus, wenn er in einer E-Mail an mich vom 10. August 2011 einerseits meine Bitte um die Einbeziehung des Gemeinderates in die Gespräche über die Lösung der Probleme des Projektes ablehnte und gleichzeitig andererseits über sich selbst und das Projekt schrieb, dass „...dieses Projekt ein sehr persönliches ist, das ich auf den Weg gebracht habe. Ohne meine Initiative hätte es dieses Projekt nicht gegeben. Das Projekt steht und fällt auch mit meiner Person.”

   
© Michael Deiml & Allrounder